Ein Hund zieht ein

 

Nahezu jeder Mensch hat Erwartungen an den Hund, wenn er sich einen anschaffen möchte.

 

Diese können ziemlich hoch angesetzt sein, z.B. wenn der Hund eine bestimmte Sportart oder einen bestimmten „Beruf“ erlernen soll: als Assistenzhund, als Jagdhund oder als Drogenspürhund.

 

Bei den meisten Hundehaltern sind die Erwartungen zwar deutlich niedriger, aber trotzdem vorhanden. Diese können zum Beispiel sein:

  • Der Hund soll eine bestimmte Zeit alleine bleiben können
  • Er soll kinderlieb sein
  • Er soll sich mit den vorhandenen Haustieren verstehen (andere Hunde, Katzen, Hühner, etc.)
  • Er soll Dich ins Büro begleiten
  • Er soll freundlich zu Menschen sein
  • Er soll mit Dir wandern gehen
  • Er soll verschmust sein
  • Usw. 

Ich kenne wirklich niemanden, der nicht mindestens eine dieser Erwartungen an den Hund hat. Und tatsächlich ist es wichtig, sich diese Erwartungen am besten schon vor der Anschaffung bewusst zu machen, denn sonst kann es unter Umständen zu Schwierigkeiten kommen, wenn der Hund diese Erwartungen nicht erfüllen kann.

 

Bedürfnisse des Hundes

 

Der Hund ist ja nun mal ein Lebewesen und kommt nicht als unbeschriebener Gegenstand zu Dir in die Familie. Jeder Hund hat, neben den Grundbedürfnissen wie Fressen, Trinken und Schlafen, auch noch spezifische Bedürfnisse, die Du als Halter berücksichtigen solltest. Diese sind unter anderem:

  • Ein gewisses Maß an Beschäftigung
  • Angemessene Sozialkontakte
  • Die Möglichkeit, sein Bedürfnis nach Erkundung der Umwelt zu befriedigen
  • Kontakt zu Menschen
  • Körperkontakt mit anderen Hunden oder Menschen
  • Bedürfnis nach Ruhe 

Jetzt liest sich das zunächst ja so, als ob die hündischen Bedürfnisse schon so einigermaßen zu den Erwartungen des Menschen passen würden.

 

Wo liegt denn dann die Schwierigkeit?

 

Hunde sind individuell. Es kann daher passieren, dass der Hund, den Du dir ausgesucht hast, Körperkontakt oder schmusen mit Dir als eher überflüssig empfindet. Oder der Hund, der mit zur Wanderung gehen soll, hat gesundheitliche Probleme, die das verhindern. Der gewünschte Bürohund findet vielleicht deine Kollegen nur so mäßig und bellt sie daher an.

 

Häufig führt es beim Menschen zu Frust oder Enttäuschung, wenn der Herzenshund auf einmal Eigenschaften an den Tag legt, die nicht gewünscht waren oder gewünschte Eigenschaften eben nicht mitbringt.

 

Klar, viele Dinge kannst Du mit dem Hund üben und trainieren und so Besserungen herbeiführen. Aber manchmal stößt man an Grenzen und es kann sein, dass Du als Mensch dich dann mit den Eigenschaften deines Hundes arrangieren musst. Das wiederum kann dazu führen, dass Du enttäuscht bist, weil Du Dir das Leben mit deinem Hund eigentlich anders vorgestellt hattest.

 

Nova Scotia Duck Tolling Retriever mit Stock im Wald
Hunde haben ihre eigenen Bedürfnisse

 

Wie kann man dem entgegenwirken?

 

Ein sehr wichtiger Punkt, um Enttäuschungen vorzubeugen, ist die Auswahl des passenden Hundes. Dabei ist es egal, ob es ein Hund von einem Züchter oder ein Hund aus dem Tierschutz sein soll.

Beides hat Vor- und Nachteile:

  •  Ein Hund aus dem Tierschutz ist meistens schon etwas älter und er bringt eine Vorgeschichte mit. Dafür kann man einen älteren Hund deutlich besser hinsichtlich seines Charakters einschätzen.
  • Ein Welpe kommt ohne Vorgeschichte, dafür ist sein späterer Charakter noch nicht wirklich klar, denn dieser wird auch geformt von den Erfahrungen, die er macht und kann sich daher im Laufe der ersten Lebensjahre noch ändern.

 

Hunde vom Züchter

 

Hier steht ganz zu Anfang die Auswahl der passenden Rasse und bereits hier solltest Du dich gut informieren, welche Rasse welche Eigenschaften besitzt.

 

Dann überlegst Du dir: Wie sieht mein Lebensumfeld aus, habe ich Kinder, was mache ich beruflich, soll mich der Hund begleiten, wie ist meine körperliche Fitness?

 

Wenn Du kleine Kinder hast, kann ein größerer, stürmischer Hund dazu führen, dass die Kinder auch mal umgeschmissen werden. Wenn Du Rückenprobleme hast, kann ein sehr großer Hund kontraproduktiv sein, da er mehr Gewicht in die Leine bringt, als ein kleiner. Wenn der Hund dein Grundstück bewachen soll, ist ein kleiner Hund wiederum weniger erfolgversprechend.

 

Manche Rassen vertragen den Trubel in der Stadt nicht so gut und sind daher besser in einer ländlichen Umgebung aufgehoben. Sehr bellfreudige Hunde sind in einem Mehrfamilienhaus unter Umständen schnell unbeliebt und so weiter.

 

Auch wenn innerhalb einer Rasse alle Hunde Individuen sind, so gibt es bestimmte Dinge, die bei der einen Rasse statistisch gesehen einfach häufiger auftreten, als bei der anderen: Ein Beagle wird deutlich wahrscheinlicher Jagdverhalten zeigen, als ein Havaneser. Der Kangal wird fremde Personen in der Regel nicht so gut finden wie ein Golden Retriever und ist vielleicht nicht die richtige Wahl für einen Bürohund.

 

Du solltest Dir also vor der Anschaffung eine Liste mit Dingen machen, die der Hund mitbringen sollte und mit Dingen, die er auf keinen Fall haben sollte. Dann kommt noch die Frage, ob eher klein oder groß, langes Fell oder kurzes Fell, und häufig kann man sich dann gut auf nur noch wenige Rassen beschränken, die übrig bleiben.

 

Achtung: Es ist grundsätzlich keine gute Idee, eine Rasse nur nach dem Kriterium „Aussehen“ zu wählen. Denn ein Hund wird 12-15 Jahre alt und mit einem unpassenden Partner (und das ist der Hund für uns) können die sehr lang werden. Leider sind heutzutage bestimmte äußerliche Merkmale auch mit körperlichen Einschränkungen verbunden und das sollte man einfach nicht unterstützen.

  

Hunde aus dem Tierschutz

 

Soll es ein Hund aus dem Tierschutz sein, so achte bitte darauf, dass der Verein nachhaltig und seriös arbeitet. Die Tiere z.B. nur aus dem Ausland nach Deutschland zu verbringen, ändert an der Situation vor Ort nichts.

 

Hunde aus dem Tierschutz kommen manchmal mit unschönen Vorerfahrungen, was aber nicht heißt, dass sie nicht trotzdem ganz tolle Hausgenossen werden können! Aber auch hier solltest Du dich nicht nur nach dem Äußeren entscheiden und ich persönliche rate ganz eindeutig davon ab, einen Hund von einem Bild auf einer Internetseite weg zu adoptieren.

 

Der bessere Weg ist immer, den Hund persönlich im Tierheim oder auf einer Pflegestelle kennenzulernen. Eine Pflegestelle kann den Charakter des Hundes schon ein bisschen einschätzen, Du kannst mit dem Hund spazieren gehen und Dir persönlich einen Eindruck verschaffen.

 

Tipp: Lass Dich im Zweifelsfall von einem Trainer beraten, fast alle Hundetrainer bieten Beratung vor dem Hundekauf kostenlos an und dieses Angebot wird leider viel zu wenig genutzt.

 

 

Herdenschutzhund vor einem Tierheimzaun
Auch bei einem Hund aus dem Tierschutz solltest Du darauf achten, dass die Eigenschaften des Hundes zu deinem Leben passen.

 

Schneller, höher, weiter

 

So, der Hund wurde ausgesucht und ist jetzt eingezogen. Unabhängig davon, aus welcher Quelle der Hund stammt: Die Eingewöhnung dauert!

 

Immer wieder bin ich überrascht, welche Anforderungen manche Menschen in kürzester Zeit an ihre Hunde stellen, angefangen beim Thema Stubenreinheit bis hin zum alleine bleiben oder dem Rückruf: am besten soll das alles schon nach spätestens 14 Tagen sitzen.

 

So funktioniert das aber nicht: Dein Hund muss erstmal in der neuen Umgebung zurechtkommen. Das ist viel für einen Hund: neue Menschen, neue Ansprechpartner, neue Wohnung und ein Übermaß an neuen Sinneseindrücken müssen verarbeitet werden.

 

Wenn Du eine neue Arbeitsstelle beginnst, gibt man Dir ja in der Regel auch mehrere Monate Zeit, dich dort einzuarbeiten. Niemand würde verlangen, dass Du nach 14 Tagen schon alle betrieblichen Abläufe im Kopf hast.

 

Die Erwartungen der Anderen

 

Ein Punkt, mit dem Du als Hundehalter auch früher oder später konfrontiert wirst, ist die Erwartungen der Umwelt an Deinen Hund.

Hunde sollen sich in unserer heutigen Zeit möglichst unauffällig verhalten: nicht bellen, nicht jagen, nicht an der Leine ziehen, im Restaurant ruhig liegen, kurzum: möglichst wenig eigene Ansprüche stellen.

Ist ja schließlich "nur" ein Hund, oder?

 

Häufig musst Du dich mit mehr oder weniger gutgemeinten Ratschlägen von anderen Hundehaltern, Familie oder Freunden auseinandersetzen, wenn dein Hund sich nicht gemäß der Erwartungen verhält.

 

Wir vergessen dabei, dass unsere Hunde ursprünglich nicht dafür gezüchtet wurden, sich dauerhaft ruhig und zurückhalten zu verhalten, alleine zu bleiben oder das Reh ziehen zu lassen. Ein aus unserer Sicht angemessenes Verhalten muss daher geübt werden, damit der Hund es zeigen kann und das braucht eben Zeit. 

 

Klar, vielleicht hast Du ein besonders entspanntes Exemplar erwischt und muss gerade das ruhige Verhalten gar nicht groß üben. Die Realität sieht leider anders aus: in einem städtischen Umfeld führen zu viele Reize häufig dazu, dass der Hund aufgeregt ist und hier solltest Du als Hundehalter ihn darin unterstützen, mit diesen Reizen umgehen zu können. Ein Verhalten einfach nur zu verbieten ist kontraproduktiv, das ist gerade hundeunerfahrenen Menschen aber nicht bewusst.

 

Lass die Ratschläge anderer Menschen am Besten an Dir abprallen, denn: Jeder Hund ist anders, jeder Weg ist anders und im Zweifelsfall zieh hier lieber eine Hundeschule oder einen Hundetrainer zur Rate.

 

Alternativen schaffen

 

Bitte befreie dich von festgesetzten Zeiträumen, in denen der Hund bestimmte Dinge beherrschen soll und überlege Dir einen Plan B dafür, dass es vielleicht nicht klappt.

 

Wenn Du nach dem Einzug des Hundes 2 Wochen Urlaub hast um ihm das alleine bleiben beizubringen, dann such Dir frühzeitig einen Hundesitter, denn kaum ein Hund kann das in so kurzer Zeit leisten.

 

Auch den Welpen nach kurzer Zeit mit in den Urlaub zu nehmen oder den Tierschutzhund frisch aus Rumänien mit ins Büro: Das kann klappen, muss es aber nicht. Und daher macht es Sinn, nach einer Alternative zu suchen: Kann ich vielleicht eine Zeitlang von zu Hause aus arbeiten oder kann der Züchter den Welpen etwas länger behalten? 

 

Wenn der Hund die schon vorhandene Katze nicht mag, so schaffe die Möglichkeit, beide Tiere zunächst zu trennen. 

 

Ganz generell: Management und vorausschauendes Handeln verhindern unerwünschtes Verhalten und beugen unangenehmen (Not-) Situationen vor.

 

 

Hund liegt auf dem Bett, im Hintergrund eine Frau mit Laptop
Zunächst von zu Hause aus arbeiten zu können überbrückt die Zeit, bis der Hund alleine bleiben kann

 

Fazit

 

Die Anschaffung eines Hundes sollte gut überlegt und auch geplant sein. Die Auswahl des Hundes ist hierbei schon ein wichtiger Punkt, um spätere Enttäuschung zu vermeiden.

 

Wenn Du dann noch realistisch bleibst, was die Anforderungen gerade in der ersten Zeit nach dem Einzug angeht, und dich um einen "Plan B" kümmerst, dann sollte einem glücklichen Zusammenleben nichts mehr im Wege stehen. Behalte trotzdem im Hinterkopf: Ein Hund ist ein Lebewesen und jedes Lebewesen ist ein Individuum.

 

So wie Du auch.