Der Spaziergang

Ich möchte heute ein bisschen was über den Spaziergang mit dem Hund schreiben.

 

Vielleicht denkst Du jetzt, dass das ein banales Thema ist, schließlich geht eigentlich ja jeder von uns täglich mit dem Hund spazieren. Was kann man dann dazu alles schreiben?

Sei gespannt, es geht los…

 

Spazieren gehen - warum überhaupt?

Das Erkunden der Umgebung ist ein für Hunde essentiell wichtiges Verhalten. Bei Hunden, die nicht in menschlicher Obhut aufwachsen, wird so das Territorium abgelaufen und der Hund ist auf der Suche nach Futter und manchmal auch nach einem Sexualpartner. Man hat festgestellt, dass Straßenhunde für das Erkunden ihrer Umgebung täglich ca. 2-3 Stunden Zeit aufbringen, den Rest des Tages wird überwiegend geruht.

 

Das Erkunden der Umwelt wird in der Fachsprache SEEKING genannt. Hierbei werden Botenstoffe im Körper ausgeschüttet, die glücklich machen und eine freudige Erregung auslösen. Der Spaziergang dient also dazu, hundliche Bedürfnisse zu befriedigen und bringt Abwechslung in den Alltag unserer Haushunde.

 

Vielleicht wird Dir jetzt schon klar, warum ein Spaziergang an einer sehr kurzen Leine, bei dem der Hund nicht stehenbleiben und schnüffeln darf, für ihn äußerst unbefriedigend, ja sogar frustrierend ist.

 

Man kann den Spaziergang nun in Länge, von der Umgebung und von der Struktur her so planen, dass er für Mensch und Hund ein Genuss ist und für beide Seiten Spaß bringt.

Frau mit Hund spaziert im Wald
Der Spaziergang - für Hund und Halter eine Auszeit

Die Dauer

Die Länge eines Spazierganges, die für Deinen Hund passend ist, ist sehr individuell. Welpen und junge Hunde sollen noch gar nicht allzu lange am Stück spazieren gehen, hier ist die Faustregel 5 Min. pro Lebensmonat. Ein 5 Monate alter Hund sollte also maximal 25 Min. am Stück spazieren gehen.

 

Wie bei allen Faustregeln ist das nur eine Orientierung, Es kann sein, dass Dein Hund schon ein bisschen länger spazieren gehen kann, es kann aber auch sein, dass 20 Min. schon zu lang sind.

 

Bei erwachsenen Hunden sollte man pro Tag 2-3 Stunden für Spaziergänge einplanen, aufgeteilt auf 3 oder 4 Spaziergänge. Ein ausgewachsener Hund kann, je nach Trainingszustand und körperlicher Fitness, auch mehrstündige Wanderungen mitmachen. Dann solltest Du aber an den Folgetagen pausieren und dem Hund Ruhe gönnen.

 

Schau hier immer darauf, wie gut der Hund nach dem Spazieren gehen zur Ruhe kommt: Je schneller er sich beruhigen kann und sich hinlegt, desto besser. Hunde, die nach dem Spazieren nochmal richtig aufdrehen, waren vermutlich überfordert und hier macht es Sinn, die Runde zu kürzen.

 

Probiere hier individuell aus, was für Dich und Deinen Hund gut passt. 

Die Umgebung

Häufig macht es einen Unterschied, ob Du in der Stadt, auf dem Feld oder im Wald spazieren gehst. Jagdhunde sind z.B. auf Feldern oder im Wald, wenn es hier viel Wild gibt, schnell sehr aufgeregt und werden dadurch schlechter ansprechbar. Weite Wiesen verleiten oft zu einem größeren Radius um Dich als Bezugsperson.

In der Stadt kann ein Hund schnell durch Lärm und viele Menschen überfordert sein.

 

Andersherum haben Hunde viel Spaß daran, Wälder und Felder schnüffelnd zu erkunden, es entspricht ihrem natürlichen Verhalten. Mit einem Hundekumpel dabei kann er auf einer Wiese toben und sich nach Herzenslust bewegen. Auch in der Stadt hat Dein Hund viele interessante Spuren zu entdecken: andere Hunde, Katzen oder Eichhörnchen, das alles findet der Hund auch in Wohngebieten.

 

 

Schau also auch hier individuell auf Deinen Hund: Hast Du einen jagdlich ambitionierten Hund, dann macht es Sinn, diesen in wildreichen Gegenden an der Schleppleine zu führen (bitte immer in Kombination mit einem Brustgeschirr) und für entspannte Spaziergänge lieber wildarme Gegenden aufzusuchen.

Ängstliche Hunde sind vielleicht in der Stadt überfordert, haben aber viel Spaß auf Feldern oder Wiesen, auf denen sie weit schauen können und wo wenig Trubel herrscht. 

Hund rennt über eine Wiese
Das Rennen über die Wiese macht Hunden in der Regel großen Spaß

Die Strecke

Wir Menschen lieben Runden. Wir starten an einem bestimmten Punkt und auch wenn wir dort wieder ankommen, so laufen wir auf dem Weg in der Regel NICHT eine Strecke zweimal.

 

Für Welpen, Junghunde, sehr aufgeregte Hunde oder auch unsichere Hunde aus dem Tierschutz ist es häufig sinnvoller, Strecken hin und zurück zu gehen. Bekannte Strecken beinhalten weniger Unsicherheiten und der Hund hat spätestens auf dem Rückweg die Möglichkeit, nochmal alles genau zu erschnüffeln und sich mit der Umgebung auseinanderzusetzen.

 

 

Wenn Du einen Hund hast, der draußen eher aufgeregt ist, so probiere doch mal aus, ob es ihm hilft, wenn ihr den gleichen Weg hin- und zurücklauft.

Das Gehtempo

Dein Hund erkundet die Welt anders, als wir Menschen das tun. Für uns ist häufig wichtig, dass wir „Strecke“ machen und so marschierst Du vielleicht, so wie viele Hundehalter, mit Deinem Hund zügig und flott drauflos. Dein Hund möchte Dich als seine Bezugsperson in der Regel nicht verlieren und wird so ständig angetrieben, sich schnell zu bewegen. Das Schnüffeln muss hektisch abgebrochen werden, um Dir zu folgen.

 

All das bringt Unruhe in Deinen Hund, das Erregungslevel steigt. Unerwünschtes Verhalten und auch Jagdverhalten wird unter Aufregung schneller aktiviert.

 

Ein langsameres Gehtempo und das Warten auf den Hund, wenn er sich an einer Stelle „festgeschnüffelt“ hat, sorgen dafür, dass er in Ruhe seine Umwelt erkunden kann, ohne Hektik und Stress. Hundebegegnungen oder auch Begegnungen mit Wild laufen so in der Regel ruhiger ab und der Hund bleibt besser ansprechbar.

 

 

Joggen oder Radfahren mit dem Hund kann bei manchen Hunden, wenn es gut aufgebaut und langsam gesteigert wurde, eine sinnvolle Ergänzung sein zu den täglichen Spaziergängen. Eine flotte Runde am Rad ersetzt für Deinen Hund aber nicht den Spaziergang, auf dem er auch seine Bedürfnisse ausleben kann. 

Beagle und Frau im Wald
Ausgiebiges Schnüffel lassen ist auch an der Leine möglich

Die Uhrzeit

Auch die Uhrzeit, zu welcher Du deinen Spaziergang planst, hat Auswirkungen auf das Verhalten Deines Hundes.

 

Abends und in der Dämmerung ist das Wild häufig aktiver, die Feuchtigkeit nimmt zu und Gerüche in der Umwelt werden verstärkt.

 

In der Stadt kann man in der Dunkelheit eher mal auf eine Katze oder sogar einen Fuchs treffen. Außerdem sind manche Hunde in der Dunkelheit unsicherer und reagieren schneller auf Außenreize, es kann also sein, dass Dein Hund auf einmal Menschen oder Gegenstände anbellt, weil die Wahrnehmung bei Dunkelheit eine andere ist als tagsüber im Hellen.

 

 

Last but not least: Je nach Uhrzeit sind meistens unterschiedlich viele andere Hundebesitzer unterwegs. Wenn dein Hund nicht so gerne auf fremde Hunde trifft, kann es für euch beide leichter sein, Zeiten auszuwählen, zu denen weniger andere Menschen unterwegs sind.

Training auf dem Spaziergang

Vielleicht nutzt Du den Spaziergang auch dazu, um Signale mit deinem Hund zu trainieren? Das ist super, denn alles, was der Hund lernt, muss er generalisieren und so ist es sinnvoll, Signale auch unterwegs bei wechselnder Umgebung zu üben.

 

Aber: Achte darauf, dass Du maximal 30% der Zeit draußen für Training nutzt. 70% der Zeit sollte dein Hund seine Dinge machen können und sich auch mal ohne Ansprache von Dir bewewgen dürfen. Hast Du die Sorge, dass Dein Hund zu weit von Dir weglaufen könnte, so kommt auch hier die Schleppleine zum Einsatz.

Ein Hund an der Schleppleine, der einfach mal seine Nase ins Laub stecken und nach Herzenslust schnüffeln darf, hat mehr Freiheiten, als ein Hund im Freilauf, der alle 10 Meter zurückgerufen wird.

 

 

Wenn man jetzt berücksichtigt, dass man den Hund ja schon aufgrund der Umwelt ansprechen muss, wenn z.B. ein Jogger kommt, ein Radfahrer oder Spaziergänger, dass wir ihn an- und ableinen müssen, dass er im Auto warten muss, eher er raus darf, oder an der Straße… dann fällt das alles bereits in den Bereich der 30%.

 

Also: Training ist gut und sinnvoll. Aber gib Deinem Hund auch genügend Zeit für hündische Dinge.

Hunde an der Schleppleine auf der Wiese
An der Schleppleine ist der Hund gesichert und kann seine Umwelt erkunden

Fazit

Du siehst schon, es gibt viele Möglichkeiten, einen Spaziergang so zu gestalten, wie es für Dich und Deinen Hund passt.  

 

Achte darauf, dass Dein Hund in der Umwelt nicht überfordert ist und entspannt mit Dir die Welt erkunden kann. Vielleicht darf er (oder sie) sogar mal den Weg aussuchen, dann steht einem für beide Seiten erholsamen Erlebnis in der Natur nichts mehr im Wege.